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"In Österreich wurde wahnsinnig schnell reagiert"

Mit dem von ihm gegründeten Wiener Unternehmen Apeiron mit Sitz am Campus Vienna Biocenter entwickelt er bereits seit 2005 ein SARS-Medikament, das für das Coronavirus adaptiert werden könnte. Penninger hat entdeckt, wie Coronaviren in menschliche Zellen gelangen und hat mit seinem Team einen Wirkstoff zur Behandlung von Covid-19-Erkrankten entwickelt. Dieser soll nun an Patienten getestet werden.

Unterstützt wird Penningers Unternehmen von der Wirtschaftsagentur Wien, der Medizinischen Universität Wien, von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (AWS) und anderen Unternehmen. Für Wien als erfolgreicher BioTech-Standort wäre es ein großer Erfolg, wenn hier das erste wirksame Medikament gegen Covid-19 entwickelt wird.Penninger war von 2003 bis 2018 Chef des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Akademie der Wissenschaften in Wien. Vor zwei Jahren übernahm er dann die Leitung des Life Science Institute an der University of British Columbia in Vancouver, Kanada.

Wir sprachen mit Penninger über seine Forschungen.

Österreich hat die Pandemie erstaunlich gut in den Griff bekommen, die Infektionszahlen in Wien liegen im Vergleich zu anderen Millionenstädten sehr niedrig. Wieso?

Josef Penninger: Weil im Vergleich zu anderen Ländern wahnsinnig schnell reagiert wurde. Man muss ein Lob aussprechen, dass die Maßnahmen rasch und in großer Konsequenz durchgezogen wurden.

Was ist Ihr Berührungspunkt mit dem Virus?

1998 haben mein Team und ich uns angeschaut, welche Gene die Entstehung von Fliegenherzen kontrollieren, dabei haben wir ACE2 entdeckt. Es ist das mittlerweile vielleicht meisterforschte Protein auf dem Planeten, das Schlupfloch, durch das Coronaviren in menschliche Zellen gelangen. Damals wurde mir geraten, die Hände davon zu lassen, das sei eine Sackgasse. Zum Glück haben wir weiter gemacht.

Mit der von Ihnen in Wien gegründet Firma Apeiron spielen sie bei der Suche nach einer Therapie ganz vorne mit. Worauf kommt es jetzt an?

So schnell wie möglich Patienten zu rekrutieren, um herauszufinden, ob der Wirkstoff in der Praxis hält was er verspricht.

Welches Ökosystem ist notwendig, damit Biotechnologien gedeihen?

Das Wichtigste sind tolle, international vernetzte Universitäten, die Talente anziehen. Das war in Stanford so und ist in Harvard nicht anders. Die großen Zentren, die mit neuen Technologien die Welt verändert haben, haben alle einen Uni-Bezug, wo Leute ein bisschen zu spinnen angefangen und Dinge zu entwickeln begonnen haben. Und - es braucht eine Atmosphäre, die die Gründung von Firmen begünstigt. Sonst bleibt es bei der Forschung.

Vor dem Corona-Virus kann man sich nicht wegducken und hoffen, dass es verschwindet, wenn die Temperaturen im Sommer steigen?

Wahrscheinlich nicht. Wir befinden uns im fünften Monat seit dem Ausbruch in China. SARS hat 2003 zehn bis zwölf Monate gedauert, bei 8.000 Infizierten. Corona hat sich rund um den Erdball verbreitet, das wird sicher etliche Jahre, wenn nicht Jahrzehnte bei uns bleiben.

Also heißt es weiter forschen?

Das Wichtigste ist, ein Mittel zu finden, das der Krankheit den Schrecken nimmt - und dann eine Impfung. Das wird aber noch dauern. Bis man den ganzen Planeten durchgeimpft hat, wird zusätzlich Zeit vergehen.

Forschung ist für viele Menschen etwas Abstraktes. Mit SARS-CoV2, dem Erreger von Covid-19, gibt es jetzt ein Virus, dessen Bekämpfung riesiges Interesse weckt. Gut oder schlecht für die Forscher?

Beides. Einerseits hat Covid-19 dazu geführt, dass die Menschen mitbekommen, wie wichtig Forschung ist. Andererseits leiden alle anderen Forschungsgebiete darunter, dass der Großteil der Mittel jetzt in die Bekämpfung von SARS-CoV2 fließen.

Angenommen, es gibt in absehbarer Zeit ein Medikament oder gar einen Impfstoff gehen das Coronavirus, wie wahrscheinlich ist es, dass dieses Präparat rasch in Österreich verfügbar sein wird?

Wir entwickeln ein Medikament für Leute, die schon schwer erkrankt sind an Covid-19. Wir müssen jetzt die Studie vorantreiben, haben gleichzeitig aber auch schon mit einer kleinen, lokalen Produktion begonnen. Wenn wir die Effekte sehen, die wir uns alle erhoffen, können wir sicher auch die Volumina stemmen. Die Produktion von Impfstoffen ist schwieriger. Es fehlen weltweit die Kapazitäten, um Milliarden an neuen Impfstoffen herzustellen.

Bis es soweit ist, heißt es also weiter Abstand halten und Hände waschen?

Und zusätzlich noch Masken aufsetzen.